Entspannte Eltern sein von Anfang an- Teil 2
- Dr. Jutta Weber

- 25. Juni 2022
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 17. Juli 2022
Säuglingszeit- das erste Jahr- Teil 2
Hier noch einige ergänzende Fragen und Antworten zum Leben mit Kindern im ersten Lebensjahr
Muss ich mein Baby an feste Trinkzeiten gewöhnen?
Nein. Der Säugling soll nach Bedarf gefüttert werden. Er entwickelt auch von allein einen Tag- Nachtrhythmus mit längeren Trinkintervallen in der Nacht. Auch die Abstände der Trinkzeiten über Tag pendeln sich nach und nach ein, d Der Appetit ist von verschiedenen Faktoren abhängig, z.B. wird das Baby in Wachstumsphasen (teilweise wachsen Säuglinge pro Nacht 1cm) oder bei sehr hohen Temperaturen, aber auch bei Fieber, Durchfall und Unruhe häufiger Trinken wollen.
Natürlich ist es auch wichtig, die Zeichen des Kindes richtig zu deuten. Sicher ist es nicht angebracht bei jeder Unzufriedenheit zu füttern. Schnell schon lässt sich Hunger von anderen Bedürfnissen unterscheiden. Die Arten des Schreiens sind sehr unterschiedlich und auch durch seine Körpersprache zeigt das Baby seine Bedürfnisse. Ein müdes Baby z.B. wendet auf dem Arm gehalten oft den Kopf in Richtung Brustkorb des Erwachsenen, oder reibt sich durch Augen und Nase, ist es übermüdet überstreckt es sich häufig auf dem Arm, ein Säugling der gerade keinen Kontakt will, dreht oft den Kopf von der Bezugsperson weg. Das Baby sendet viele kleine Zeichen, die man, verlässt man sich auf seine Intuition, gut zu verstehen lernt.
Feste Trinkzeiten erübrigen sich damit. Sie unterlaufen die von den o.g. Faktoren abhängigen Bedürfnisse. Ein Säugling soll gestillt werden, wann immer er Hunger hat.
Ab dem frühen Abend ist das Baby immer unruhig und weint viel. Woran liegt das?

Bis vor kurzem machte man die sogenannten 3-Monats-Koliken für das Schreien der Babys in den ersten 12 bis 15 Wochen verantwortlich. Inzwischen hält man die Unruhe eher für eine Anpassungsschwierigkeit. Der Säugling entwickelt nicht wie ältere Kinder und Erwachsene eine sogenannte „Schlafschuld“. Schlafschuld bedeutet, dass ein längeres Wachintervall zu Müdigkeit führt, die uns das Einschlafen erleichtert. Sie ist neben unserem inneren Tag- Nacht- Rhythmus der zweite Motor, der unser Einschlafen bewirkt. Müde Säuglinge hingegen sind wenn, sie sehr müde sind eher überreizt, können nicht abschalten und finden gerade wegen ihrer Übermüdung nicht in den Schlaf.
Daher ist es wichtig, die ersten Anzeichen von Müdigkeit wahrzunehmen und es dem Baby dann zu ermöglichen, in ruhiger, entspannter, reizarmer Umgebung einzuschlafen. Nach den ersten Wochen, in denen der Säugling selbst bei größerer Lautstärke einschlafen kann, erwacht er aus dem Cocon, der ihn vor zu vielen äußeren Reizen geschützt hat und wird deutlich störanfälliger. Von da an schläft er am besten ein, wenn er Ruhe hat. Außerdem schlafen Babys dann abends gut ein, wenn sie auch über Tag gut geschlafen, haben, also gar nicht erst in eine Überreizung durch ein Schlafdefizit kommen konnten. Es gilt: Ein Kind, das gut schläft (bzw. geschlafen hat), schläft gut.
Ab wann ist ein geregelter Tagesablauf wichtig?
In gewisser von Anfang an. Dies ist weniger auf das Baby, als auf einen verlässlichen Ablauf in seiner Umgebung bezogen.
Das Baby braucht zu Beginn keine festen Trinkzeiten, dennoch bringt ein Tagesablauf mit sich täglich wiederholenden Einheiten, z.B. regelmäßige Mahlzeiten der Eltern und evtl. Geschwister oder das Zusammensein der Eltern gemeinsam am Abend, der Familie Sicherheit und Ruhe, wovon auch der Säugling profitiert. Säuglinge beginnen oft erst spät ihren Nachtschlaf und genießen die ruhige Abendzeit mit beiden Elternteilen am Abend.
Das Baby hat bei einem relativ geregelten Tagesablauf eher die Möglichkeit, sich ebenfalls rhythmisch mit seinen Schlaf- und Trinkzeiten in den Takt der Familie einzufügen.
Unsere Ehe läuft seit der Geburt unseres Kindes deutlich schlechter. Wir haben ernsthaft Schwierigkeiten in unserer Beziehung, woran kann das liegen?
Die Geburt eines Kindes ist für eine Paarbeziehung ein sehr einschneidendes Ereignis.
Waren die Partner zumindest zeitweise komplett allein und auf sich bezogen, so ist ab der Geburt des Kindes immer eine dritte Person anwesend, für die außerdem rund um die Uhr Verantwortung übernommen werden muss.
Vater und Mutter haben gerade zu Beginn sehr unterschiedliche Rollen.
Während die Mutter schon durch die Schwangerschaft in ihre Rolle hineinwachsen konnte, beginnt die vaterrolle erst mit der Geburt. Meist ist zu Beginn die Bindung der Mutter zum Kind, auch bedingt durch die Schwangerschaft enger. Sie ist mit dem Kind zuhause, während der Mann arbeitet und deutlich weniger Zeit mit dem Baby verbringen kann. Oft fühlen sich die Väter, bewusst oder unbewusst von der engen Beziehung zwischen Mutter und Kind ausgeschlossen.
Wichtig ist es, von Anfang an über ungute Gefühle zu reden und zu versuchen, deren Grund zu erkennen.
Oft gehen die Bedürfnisse der Eltern als Paar in den ersten Jahren mit dem Kind unter, sodass sich die Partner nicht selten aus den Augen verlieren.
Von Anfang an ist es wichtig, sich Zeit zu zweit einzuräumen, sich über Erwartungen und Bedürfnisse auszutauschen und bei Schwierigkeiten, die sich nicht zu zweit lösen lassen, rechtzeitig auch das Gespräch mit vertrauten Personen zu suchen. Oft hilft auch professionelle Hilfe- am besten bevor die emotionale Situation bereits so verfahren ist, dass einer der Partner geneigt ist, aus der Beziehung auszusteigen.
Das Leben mit kleinen Kindern kann für eine oft noch junge Beziehung eine Art Zerreißprobe darstellen.
Es ist wichtig, sich des Risikos bewusst zu sein und aufmerksam und aufgeschlossen dem Partner gegenüber zu bleiben.
Die unbekannte, verunsichernde Zeit vergeht und stellt eine Chance dar, gestärkt aus einer weiteren Facette der Paarbeziehung hervorzugehen.



Kommentare